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Hans-Böckler-Stiftung: Wege in die digitale Moderne: Visionen und Strategien aus Asien

Die Gesellschaften Ostasiens digitalisieren sich atemberaubend schnell. China, Japan und Taiwan treiben innovative Techniken voran, die ganz unterschiedlich zur Lösung sozio-ökonomischer Probleme eingesetzt werden. Wir fragen: Was kann Europa davon lernen? Wie kann die digitale Moderne nachhaltig, im Sinne der "Global Development Goals” sozial-verträglich und mit Beteiligung der Zivilgesellschaft gestaltet werden?

Die Volksrepublik China (VRCh) gilt als die „Herausforderung des Jahrhunderts“ und wird in den Indopazifik-Leitlinien der Europäischen Union differenziert betrachtet: Beim Klima muss China Partner sein, in der Digitalisierung ist China Wettbewerber und wenn es um die Demokratie geht, ist die Volksrepublik Rivale. 

Diesem Wettbewerb wollen wir uns stellen und uns Visionen und Strategien aus China, Japan und Taiwan genauer anschauen. Können die Lösungsansätze Ostasiens auch bei Europas Problemen helfen? Können sie zu einer digitalen Transformation beitragen, die hohen nachhaltigen und sozialen Ansprüchen genügt? 

Wir denken dabei an die Herausforderungen einer älter werdenden Bevölkerung, die Anbindung des ländlichen Raums und bessere demokratische Teilhabe von Bürger*innen. Können z.B. die IT-Infrastruktur im ländlichen China, die Pflegeroboter Japans oder die E-governance Taiwans digitale Vorbilder für Deutschland sein? Mit einem offenen und kritischen Blick wollen wir uns Lösungen aus dem ostasiatischen Kulturraum zuwenden, ohne dabei in die techno-orientalistische Falle zu tappen. 

China
Die rasante Entwicklung der urbanen Räume hat in der Volksrepublik China zu einer größer werdenden Kluft zwischen dem ländlichen Raum und den städtischen Ballungszentren geführt. Die Digitalisierung soll helfen, die Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu verbessern und anzugleichen. Die Zukunft des Lebens auf dem Lande, mit sehr unterschiedlichen sozialen, ökonomischen und ökologischen Voraussetzungen, erfordert neben einer digitalen Infrastruktur auch kreative digitale Lösungen, die in dem Konzept „Smart Countryside“ erprobt werden. 

Japan
Das Zusammenspiel von Technologie und der Verbesserung von Lebensbedingungen zeigt sich eindringlich in der neuen Regierungsstrategie Japans, der „Society 5“: Die super-smarte Gesellschaft soll als nächste Entwicklungsstufe auf die Informationsgesellschaft (Industrie 4.0) folgen. Im Zentrum stehen die drängenden gesellschaftlichen Herausforderungen wie Überalterung, Entvölkerung der ländlichen Regionen und Umweltfragen. Antworten sind etwa Pflegeroboter oder neue Materialien für nachgebende Fußböden, die beim Sturz im Alter vor Brüchen bewahren oder das “smart home”, das Lebensgewohnheiten selbständig erkennt und reguliert. Japan will sich mit seiner Strategie global weiter als Wettbewerber positionieren und eine demokratische Alternative zu China bieten. 

Taiwan
Die sehr junge und progressive ostasiatische Demokratie Taiwan setzt auf Partizipation und Digitalisierung. Taiwan verfolgt eine „anthropozentrische Digitalisierung“. Die Nutzung von Daten soll den Menschen nützen und die Politik wird zur „radikalen Transparenz“ angehalten. Auch die Partizipation der Zivilgesellschaft und konsequente Nutzung von Open-Source-Software soll zur erfolgreichen Umsetzung beitragen. So entstanden unter der neuen Digitalministerin Audrey Tang zahlreiche digitale Plattformen für die Beteiligung der Zivilbevölkerung, die „fast, fair & fun“ sind, um den Austausch zwischen Politik und Gesellschaft zu fördern. Ziel ist es, mithilfe der Digitalisierung die Demokratie zu stärken, auch um dem mächtigen autoritären Nachbarn China etwas entgegenzusetzen.
Die Länder werden wir in Themen-AGs querschnittsmäßig behandeln. Geplant ist auch eine Exkursion, um eine praxisnahe Vergleichsgrundlage mit Deutschland zu schaffen.

Weitere Informationen und Seminarleitung

Seminarleitung

Arvid S. Kempf ist Referent in der Abteilung Studienförderung der Hans-Böckler-Stiftung und ist zuständig für das BMBF-Projekt CHIN-KoBe zur Verbesserung der China-Kompetenz der Stipendiat*innen aller 13 Begabtenförderungswerke. Er hat Sinologie in Freiburg, Nanjing, Singapur und Chengdu studiert.

Stefanie Nartschik-Mikami ist Referentin für Hochschularbeit und Hochschulkontakte in der Abteilung Studienförderung der Hans-Böckler-Stiftung. Zuvor lebte und arbeitete sie 10 Jahre in Japan, wo sie für den Deutschen Akademischen Austauschdienst tätig war, u.a. drei Jahre im Auslandsbüro Japan.